Einmal wird aus dem blühenden Leben Asche. Aus der starken Gestalt ein schütteres Häufchen Staub, das jeder Wind zerweht. Aus den leuchtenden Farben grauliches Mehl. Aus dem warm schwellenden, fühlenden Leben kärgliche, tote Erde; weniger als Erde: Asche! So geht es auch uns …. Vergänglichkeit, das bedeutet die Asche. Unsere Vergänglichkeit, nicht die der Andern. Unsere, meine … Alles wird Asche. Mein Haus, mein Gewand und Gerät und Geld; Acker; Wiese und Wald. Der Hund, der mich begleitet, und das Tier im Stall. Die Hand, mit der ich schreibe, und das lesende Auge und mein ganzer Leib. Die Menschen, die ich geliebt, und die Menschen, die ich gehasst und die Menschen, die ich gefürchtet habe. Was mir auf Erden groß erschienen und was klein und was verächtlich, alles Asche, alles.
Romano Guardini, Religionsphilosoph, 1885 – 1968,
ein Freund des Leipziger Oratoriums