Rückschau auf ein ungewöhnliches Projekt – Beethovens 9. Sinfonie vervierfacht

Vor 200 Jahren, am 7. Mai 1824, erlebte die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven ihre Uraufführung. Anläßlich dieses Jubiläums wurde am 7. Mai d.J. das große Werk zeitgleich in vier Konzertsälen gespielt: in Leipzig, Paris, Mailand und Wien.

Bild: Faksimile – Ankündigung der 9. Sinfonie von Beethoven (Ausdruck)

Dem Fernsehsender ARTE ist es zu danken, daß er uns den Einblick in alle vier Interpretationen ermöglichte, indem nacheinander jeweils ein Satz aus einer der vier Städte übertragen wurde.

Der erste Satz (Allegro ma non troppo un poco maestoso) kam aus Leipzig. Da das Gewandhausorchester mit den Kompositionen Beethovens sehr vertraut ist, konnte die Auffführung unter ihrem Chef Andris Nelsons nur gelingen. Tatsächlich spielten die Musiker die unterschiedlichen Teile, insbesondere die dunklen Stellen, sehr einfühlsam.

Und doch übertraf die Interpretation des zweiten Satzes (Molto vivace – Presto) aus Paris den Eindruck der Leipziger Aufführung. Dies lag vor allem an der inspirierenden Ausstrahlung des jungen Dirigenten Klaus Mäkelä, der seit einigen Jahren schon dem Orchestre de Paris vorsteht. So brillant habe ich dieses schroffe Scherzo noch nie gehört.

Umso enttäuschender empfand ich den dritten Satz (Adagio molto e cantabile), der aus der Mailänder Scala übertragen wurde. Das Dirigat von Riccardo Chailly entsprach nicht den Erwartungen, die er als einstmaliger Gewandhauskapellmeister geweckt hatte. Oder lag es am Mailänder Opernorchester? Jedenfalls ging mir das Adagio nicht so nahe wie sonst.

Überraschender dann der vierte Satz (Presto – Allegro assai) mit dem Schlußchor von Schillers „Ode an die Freude“ aus Wien.

Bild: Artikel zu 200 Jahre „Götterfunken“ mit Notenblatt-Faksimile (Ausdruck)

Unter Leitung des tschechischen Dirigenten Petr Popelka gelang den Wiener Symphonikern im Zusammenklang mit Chor und Solisten ein festliches Finale.

Um sich – unabhängig von meiner Einschätzung – ein eigenes Urteil zu bilden, empfiehlt es sich, die Sendung in der ARTE-Mediathek nachzuhören.

Auf jeden Fall habe ich mich sehr gefreut, dass der berühmten „Neunten“ eine solch würdige Ehrung zuteil wurde.

Eberhard Thieme

 

Arte Mediathek, Ludwig van Beethoven: Sinfonie Nr. 9
Leipzig, Paris, Mailand, Wien
vom 07. Mai 2024
bis 06. Mai 2025 verfügbar