Kammermusik in Berlin – mit dem „Trio Orelon“

Gleich hinterm Berliner Bebelplatz, an die Staatsoper grenzend, befindet sich der „Pierre-Boulez-Saal“. Er wurde im Jahre 2017 eingeweiht und erfreut sich seither großer Beliebtheit. Am 13. Februar 2025 war es uns vergönnt, in diesem Saal ein Kammerkonzert mit dem „Trio Orelon“ zu erleben.

 

Bild: Berlin leuchtet – Lichtinstallation des Berliner Bebelplatz im Herbst 2024 ©Hansjürgen Wollmann

Der Name „Orelon“ kam mir irgendwie bekannt vor, und dann fiel es mir ein: Wir hatten das Trio schon einmal im Oktober 2023 im Leipziger Mendelssohn-Saal gehört.

Dieses Ensemble gründete sich im Jahre 2019 und konnte inzwischen mehrere Preise erwerben. Unsere Erwartungen waren entsprechend hoch und wurden auch nicht enttäuscht.

Die Musiker (Judith Stapf (Violine), Arnau Rovira (Violoncello) und Marco Sanna (Klavier)) gestalteten ein anspruchsvolles Programm.

Zu Beginn erklang ein bizarres Werk des kürzlich verstorbenen Wolfgang Rihm aus den Jahren 1983-84. Zwischen den mitunter schwer zu ertragenden Dissonanzen konnten wir kurz aufscheinende klassische Melodien erkennen. Im Nachhinein erfuhren wir, daß sich Rihm in diesen Stücken („Fremde Szenen“) mit dem Komponisten Robert Schumann auseinandergesetzt hatte. So war es sehr passend, daß im Anschluß ein Klaviertrio von Schumann erklang (F-Dur op. 80). Dieses Werk entstand in den Jahren 1847-49, zu einer Zeit, in der Schumann bereits an Depressionen litt. Tatsächlich durchzieht die Musik – bei aller Virtuosität – eine tiefe Melancholie. Nach der Pause hörten wir das Klaviertrio op. 24 von Mieczyslaw Weinberg.

Weinberg, der als polnischer Jude seine ganze Familie im Holocaust verloren hatte und nach abenteuerlicher Flucht schließlich in Moskau landete, schrieb das Trio dort im Jahre 1945. Die Freundschaft mit Dimitrij Schostakowitsch verhalf ihm zu kongenialen Inspirationen; politisch aber waren Beide gefährdet. Das spiegelt sich in den vielen Werken wider, die Weinberg in jenen Jahren schrieb. Auch das dargebotene Klaviertrio enthält viel Melancholie, zugleich aber den festen Willen, die Trauer zu überwinden. Trost und Hoffnung erwachsen aus den Rückbezügen auf die jüdische Volksmusik wie auch auf klassische Formen.

Die Ovationen nach dem Konzert wollten nicht enden. Würde es eine Zugabe geben? Da ergriff die Geigerin Judith Stapf das Mikrophon, bedankte sich herzlich bei den Zuhörern, sagte dann aber, daß die Musiker auf eine Zugabe verzichten müßten, weil nach dem Weinberg-Trio nichts Anderes mehr folgen könne. Ich mußte ihr rechtgeben: Nach so einem gewaltigen Werk war die Stille angemessen.

Ein wunderbares Konzert!

Eberhard Thieme