Es war zu später Stunde als am zweiten Abend des Schostakowitsch-Festivals im Leipziger Gewandhaus (Mendelssohn-Saal), am 16. Mai um 22:30 Uhr, ein höchst bemerkenswerter Dokumentarfilm zum Leben von Schostakowitsch – einer der wohl bekanntesten russischen Komponisten des 20. Jahrhunderts – zu sehen war: „Two. The Story of Shostakovich‘s Wife” (Zwei – Die Geschichte erzählt von Schostakowitschs Frau)

Die russische Filmemacherin Yelena Yakovich bekam 2021 die 27 Jahre jüngere Ehefrau Schostakowichgs, Irina Antonovna Supinskaja (Ehefrau von 1962 bis 1975), „vor die Kamera“ und „entlockte“ ihr noch nie gehörte Aussagen zum Leben dieses russischen Komponisten Dimitri Dmitrievitch Schostakowski (1906 bis 1975).
Untersetzt wird diese „Erzählung“ durch teilweise noch nie gesehene Dokumentaraufnahmen aus Privat-Archiven.
Es ist dem Leipziger Gewandhaus zu danken, dass dieser Dokumentarfilm in deutscher Erstaufführung während des Schostakowitsch – Festivals zu sehen und die russische Filmemacherin auch zugegen war. Der Film lief im russischen Original mit englischen Untertiteln.
Das schien das anwesende Publikum mit vielleicht 250 Zuschauerinnen und Zuschauern nicht zu stören – die meisten hielten bis zum Schluss auch aus und spendeten einen langen und starken Applaus.
Sicherlich, man musste sich ein entlang der dargebotenen Geschichte Schostakowitschs „durchbeißen“. Denn seine Ehefrau Irina sprach sehr schnell, die Untertitel waren teilweise dreizeilig und nach wenigen Sekunden wieder verschwunden. Aber – durchaus nachvollziehbar – weil jetzt das Leben Schostakowitschs aus dieser bemerkenswerten Frau nach jahrzehntelangem Schweigen quasi „heraussprudelte“.
Der Grund: Schostakowitsch hatte ihr vor seinem Tod Irina abgerungen, nichts über sein und ihr gemeinsames Leben zu erzählen. Dieses Versprechen hat sie nun nach fast 50 Jahren gebrochen, zum Glück!
Es gehörte zur Kunst der Filmemacherin Yelena Yakovich lange Gespräche geführt und auch vielfältiges und seltenes Material eingearbeitet zu haben.
Es gelang eine außergewöhnliche Sicht auf Schostakowitsch, der mit einer zu tiefst russischen Seele vor allem Komponist war und zeitlebens blieb, unter schwierigsten politischen Bedingungen – und, immer seine Werke aufführen konnte.
Es ist zu hoffen, dass „Two. The Story of Shostakovich‘s Wife” (Zwei – Die Geschichte erzählt von Schostakowitschs Frau) einen deutschen Verleih findet und damit auch einem größerem deutschen Publikum zugänglich wird.
Thomas Bohne

