Es war der 13. November 2015: Terroristen stürmen die Konzerthalle des Bataclan in Paris, wahllos töten sie. Erst nach knapp drei Stunden endet das Massaker, 89 Menschen sterben. Ein Überlebender, Ramón González, bringt das Buch „Paz, Amor y Death Metal“ heraus – jetzt gibt es die Verfilmung mit dem deutschen Verleihtitel „Frieden, Liebe und Death Metal“ angelehnt am Buchtitel. Das Original heißt allerdings „Un año, una noche“ – was heißt: „Ein Jahr, eine Nacht“.
Klar wird, dass gar nicht der Terrorakt in jener Nacht die Hauptsache ist, sondern die Bewältigung des Schreckens innerhalb eines Jahres danach.
Die Filmhandlung begleitet das Paar Ramón und Céline. Beide wollen natürlich irgendwie weiterleben. Und als Zuschauer hatte ich dann immer mehr den Eindruck, dass diese Ereignisse im Bataclan das Paar eher zerreißen als es zusammenzubringen. Céline geht ihrer „normalen“ Arbeit nach, Ramón stolpert von Katastrophe zu Katastrophe – von Therapie zu Therapie.
In diesem 130-Minuten-Film wir dem Kinopublikum zugemutet, ein Psychogramm der Opfer mitzuerleben. Das wird mit vielen Nahaufnahmen umgesetzt und Aufnahmen mit der Handkamera. Da hört man die Atmung, sieht die Tränen – und das oft sehr, sehr lange!
„Frieden, Liebe und Death Metal“ will nicht die Ereignisse von dieser Schreckensnacht rekonstruieren – sondern dieses Drama will zeigen, was dieser Schrecken aus Menschen machen kann.
Das ist inzwischen im Kino nicht ganz neu: Erinnert sei an den kürzlich gestarteten Film „Wir sind dann wohl die Angehörigen“ (Kinostart 3. November 2022, vgl. Homepage unter „Kunst und Kultur“). Da wird die zurückgebliebene Familie in einem Entführungsfall in den Blick genommen, nicht die Entführung.
Aber wieder zurück zum Film über das Paar Ramón und Céline. Ihre Geschichte soll interessieren, ein Schicksaal, dass keine Schlagzeile mehr bekommt.
Und das steht fast exemplarische für jede Katastrophe. Da interessiert sich die Öffentlichkeit nach einer gewissen Zeit kaum noch für die Betroffenen.
„Frieden, Liebe und Death Metal“ oder „Un año, una noche“ steuert dagegen.
Ja, hier wird gegen den berühmten Medienstrom geschwommen.
Regisseur Isaki Lacuesta interessiert sich mit seinem Film für Menschen in einer Zeit nach dem katastrophalen Ereignis. Sein Film fokussiert sich auf die Opfer, wenn alles längst medial vergessen ist. Deshalb sollte man sich diesen Film über den Terrorakt in Paris im Kino antun, schon der Opfer wegen.
Thomas Bohne CO
Frieden, Liebe und Death Metal
Original-Titel: „Un año, una noche“ – deutsch: „Ein Jahr, eine Nacht“
Produktion: Spanien/Frankreich 2022, Drama
Länge: 130 Minuten
Regie: Isaki Lacuesta
Auszeichnung: Berlinale 2022, Preis der ökumenischen Jury (Wettbewerb)
Kinostart: 15. Dezember 2022