Als Bischof Bergoglio als erster Südamerikaner am 13. März 2013 zum Papst gewählt wurde und sich den Namen „Franziskus“ gab, hatte ich die Hoffnung, dass der Erneuerungsprozess, den einst der legendäre Papst Johannes XXIII. mit dem 2. Vatikanischen Konzil (1962-1965) eingeleitet hatte, durch den neuen Papst fortgeführt würde.
Tatsächlich begann Papst Franziskus mit hoffnungsvollen Schritten: Er nahm die Menschen am Rande der Gesellschaft in den Blick und ging in seinen Enzykliken (Rundschreiben) auf jene Themen ein, die aktuell die Welt bewegten (Frieden zwischen den Völkern, wirtschaftliche Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung etc.). Auch innerkirchlich versuchte er, erstarrte Strukturen aufzubrechen.
Für all sein Tun ist Papst Franziskus anerkannt und gewürdigt worden. Der Regisseur Wim Wenders drehte im Jahre 2018 sogar einen eindrucksvollen Dokumentarfilm darüber: „Papst Franziskus – Ein Mann seines Wortes“.

in Castel Gandolfo (Sommersitz der Päpste)
Der „synodale Prozess“, den er einleitete, führte hingegen nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Statt eines neuen „Konzils“ fanden lediglich unverbindliche Gespräche statt. Natürlich war es schon ein Fortschritt, dass die katholischen Delegierten offen miteinander über kritische Fragen reden konnten; aber die notwendigen Reformen blieben bisher aus.
Hinzu kam in den letzten Jahren die angeschlagene Gesundheit des Papstes, die ihn daran hinderte, den „synodalen Prozess“ zielführend und konsequent zu verfolgen. Sein letzter Krankenhausaufenthalt (Februar bis März d.J.) zeigte dies besonders. Es erschien mir so, als hätte er in der kurzen Zeit nach seiner Entlassung nur noch das eine große Ziel, nämlich den Ostersegen „Urbi et orbi“ („der Stadt Rom und dem ganzen Erdkreis“) zu spenden. Dieser letzte Auftritt des Papstes am Ostersonntag (wenige Stunden vor seinem Tod) ist nun tatsächlich geschehen und bleibt damit sein Vermächtnis. Für die Christen in aller Welt bedeutet es ein österliches Zeichen: Das Leben ist stärker als der Tod.
Nun darf Papst Franziskus ausruhen von seinen Leiden; Gott möge ihm das vergelten, was er den Menschen unserer Zeit an geistigen und geistlichen Impulsen geschenkt hat.
Wenn in den nächsten Wochen ein neuer Papst gewählt wird, hoffe ich sehr, dass es ein Würdenträger ist, der auf der Linie von Papst Franziskus weiterwirkt.
Eberhard Thieme.