„Das dahinten ist der Flugplatz“, sagte ein Pfarrer mal zu mir und zeigte mit dem Finger aus dem Fenster seines Wartburgs – das war damals bei einer Fahrt durch die Gegend von Pößneck im heutigen Thüringen Anfang der 80iger Jahre.

Mitbekommen hatte ich diesen „Flug“ mit einem selbstgebastelten Heiß-Luft-Ballon nur über das „Westfernsehen“. Später sah ich dort auch den Hollywood-Film „Mit dem Wind nach Westen“. – der ist zwar recht spannend aber mit vielen ärgerlichen DDR-Klischees beladen. Übrigens, bei der Berlinale 1982 gab es keine Chance für eine Aufführung, prompt organisierte die Springer-Presse eine Gegenveranstaltung parallel zur Eröffnung.

Es dauerte nun fast 40 Jahre, dass eine neue Verfilmung auf den „Markt“ kam – diesmal realisiert durch den eher durch Komödien bekannt gewordenen Michael (Bully) Herbig. Sein Film „Ballon“ war nun am „Tag der deutschen Einheit“ (3. Oktober) zur besten Sendezeit um 20:15 in Deutschen Fernsehen zu sehen und ist noch bis zum 10. Oktober ist er in der ARD-Mediathek abrufbar.

„Ballon“ ist ein spannender Thriller, nicht mehr aber auch nicht weniger. Trotz des allgemein bekannten Ausgangs der Ballon-Flucht durch die beiden ostdeutschen Familien Strelzyk und Wetzel im Jahr 1979 stockt einem beim Zuschauen sprichwörtlich „der Atem“ – und das bis zum Schluss. Erzählt wird im Film einmal ein zweimaliger Flucht-Versuch (in Wirklichkeit gab es wohl drei), aber auch parallel die fieberhaften Gegenaktionen der DDR-Staatssicherheit.

Interessant ist noch an der Filmgeschichte zu „Ballon“, dass der Regisseur Herbig fast sechs Jahre mit diesem Film-Projekt beschäftigt war, anfangs fast aussichtslos in dem Bemühen um die Filmrechte. Die liegen immer noch bei dem Medien- und Filmgiganten „Walt Disney“, aber irgendwie ist dem „Bully“ Herbig dann über den in Hollywood sehr bekannten Roland Emmerich der Rechte-Coop gelungen.

Zur Story befragt, sagte einmal Herbig: „..als ich den Disney-Film (Anm: Mit dem Wind nach Westen) gesehen habe, war ich im Alter des älteren Sohnes Frank. (Anm: Frank Strelzyk) Und was ich nachvollziehen konnte, war, dass diese Menschen alles für ein Leben in Freiheit riskiert haben. Dieser Wagemut, der Wahnsinn dieser Geschichte – das hat mich total vereinnahmt“ (in Frankfurter Rundschau v. 26. September 2018)

Die ARD war nun gut beraten, diesen Film am „Tag der deutschen Einheit“ zu zeigen, denn diese Ballon- und Freiheitsgeschichte gehört zweifellos zu diesem Tag dazu.

Thomas Bohne

Ballon
Deutschland 2018
Regie: Michael Herbig
(bis zum 10.10.2023 in der ARD-Mediathek)