Maria Montessori – eine Frau, die sich viel getraut hat

Zwei unterschiedliche Frauen werden gezeigt: die französische Edelprostituierte Lili d’Alengy (Leïla Bekhti) und die italienischen Ärztin Maria Montessori(Jasmine Trinca), Die eine will um jeden Preis ihre behinderte Tochter „loswerden“, die andere kämpft um die Gemeinschaft mit ihrem Sohn – gemeint ist hier Maria Montessori (1870 bis 1952), die sich erst mit 40 Jahren öffentlich zu ihrem Sohn Mario bekennt, was der Film nicht zeigt.

„Maria Montessori“ ist ein recht moderner, feministischer Film. Es ist der erste Spielfilm der französischen Regisseurin Léa Todorov. Sie zeigt wie eine europäische Frau an der Schwelle zum 20. Jahrhundert sich in einer in Konventionen erstarrten Männerwelt durchzusetzen muß. Bereits durch den Dokumentarfilm „Scool Revolution 1918-1939“ beschäftigte sich die Regisseurin als Koautorin im Jahre 2017 mit der Montessori-Pädagogik-Methode – quasi als Vorarbeit zu ihrem Film.

Mir als Zuschauer war natürlich der Name Maria Montessori mit ihrem pädagogischen Motto „Hilf mir, es selbst zu tun“ gut bekannt – wusste aber nicht, dass diese Frau zuerst mit behinderten Kindern gearbeitet hat.

Gerade diese „Wundertaten“ mit den „kleinen Idioten“ – wie man sie im Film nennt – werden in starken und berührenden Szenen dargestellt. Auch die beiden so unterschiedlichen Frauenfiguren und Mütter – Edelprostituierte und Ärztin – vermitteln viel. „Es ist die Liebe einer Mutter, die das vermag“, ein Satz, der nahezu zentral für den ganzen Film steht. Ausgesprochen wird er von dieser Maria Montessori, welche vor einer reinen Männerkommission ihre Erfolge erklären soll.

„Maria Montessori“ ist nicht nur sehr genau recherchiert – der Film ist auch mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Das macht „Maria Montessori“ auch zum Bild-Genuss. Da schaue ich als Zuschauer gern hin und tauche ein in eine Zeit, in der Frauen für Gleichberechtigung und wissenschaftliche Anerkennung immer wieder gekämpft haben. „Maria Montessori“ macht Lust, sich mit dieser außergewöhnlichen Frau zu beschäftigen.

Nach dem Anschauen habe ich dann gelesen: Papst Benedikt XV. hat sie in Privataudienz empfangen; ihre Methode ist inspiriert von dem katholischen Reformtheologen Antonio Stoppani, der ihr Großonkel war; Franziskanerinnen in Österreich haben den ersten Montessori-Kindergarten eröffnet und auf dem katholischen Friedhof Noordwijk in den Niederlanden ist sie begraben. Lea Todorov ist an dieser „katholische Linie“ allerdings nicht interessiert. Aber die Regisseurin vermittelt mit ihrem Film „Maria Montessori“, dass wir uns mit dieser modernen Pädagogin, Philosophin und Ärztin vielleicht gerade in unserer Zeit beschäftigen sollten.

Thomas Bohne, Mitglied der Katholischen Filmkommission

 

Maria Montessori
Originaltitel: LA NOUVELLE FEMME
Produktion: Frankreich 2023
Regie: Léa Todorov
Kinostart: 7. März 2024

Bild: Filmplakat Maria Montessori