Das leere Grab – vom Recht, persönlich begraben zu werden

Es ist unglaublich, da wollen Familien zu den Gräbern Ihrer Vorfahren gehen aber es geht nicht – weil es solche Gräber nie gegeben hat, nicht einmal leer.

Dafür gibt es aber volle Regale mit Schädeln und Gebeinen in deutschen Museen – bis zum heutigen Tag.
Bei Cesilia und John Mbano aus Tansania geht es um ihren Urgroßvater. Sein Schädel wurde nach der Hinrichtung durch die deutsche Kolonialarmee zu „Forschungszwecken“ nach Deutschland gebracht. Mit einer animierten Zeichnung wird das im Film erschütternd vermittelt.

Ja, ich bleibe als Zuschauer immer wieder am Film dran.

Bild: Das leere Grab – Filmbild

Ich bin erschüttert, wenn ich erfahre, dass einer dieser grausamen Kolonisatoren Carl Peters hieß und bis heute in Berlin-Wedding die Petersallee nach ihm benannt ist – unglaublich. Witzig und schelmisch, wenn eine Gruppe aus Tansania dann den unaussprechlichen Namen eines Afrikaners als Straßenschild dranhält – da lacht man auch im Zuschauerraum gern mit.

Berührend, wie die Familien aus Tansania sich nach Ihren Verwandten auf die Suche machen und ebenso berührend mit welcher Akribie und großem persönlichen Einsatz sich Mitarbeitende in den Museen quasi mit auf den Weg machen: da werden Speichelproben von den Nachfahren aus Afrika genommen, da werden meterlange Regale durchsucht und es wird geprüft, verglichen, registriert – eine Sisyphusarbeit.

Bild: Dankbarkeit – Filmbild

Ja, alles für das Recht, anständig und namentlich in seiner Heimaterde bestattet zu werden. Beeindruckend, wie Agnes Lisa Wegner(Deutschland ) und Cece Mlay (Tansania) das zeigen. Da gibt es keine Weinerlichkeit und keine „moralische Keule“ sondern einfach nur zu beobachtende menschliche Regungen der Trauer, der Wut oder auch der Dankbarkeit.

Diesen Dokumentarfilm müssten sich viele anschauen.

Vor allem sollte „Das leere Grab“ in unseren Schulen gezeigt werden – auch im Religionsunterricht oder gerade dort? Geht es doch auch um Religion, um Bestattungskultur und Kult und um die Art und Weise wie man mit seinen Toten umgeht. In Zeiten, wenn in Deutschland zunehmend anonym auf der Wiese oder im Wald bestattet wird, bemühen sich afrikanische Familien um eine namentliche Bestattung im Grab.

Thomas Bohne
Mitglied der Katholischen Filmkommission

 

Das leere Grab
Dokumentarfilm
Produktion: Deutschland, Tansania 2024
Regie: Agnes Lisa Wegner und Cece Mlay
Länge: 97 Minuten
Kinostart: 23. Mai 2024