„Lady Macbeth von Mzensk“ – ein seltsamer Name. Wo liegen seine Ursprünge?
Der literarische Ausgangspunkt ist das Drama „Macbeth“ von William Shakespeare (1564-1616): die Geschichte vom Königsmörder Macbeth und seiner Frau.
Der russische Dichter Nikolai Leskow (1831-1895) erfuhr auf seinen Reisen von einer Frau, die zur mehrfachen Mörderin geworden war. Die Gerichtsakten dieses Falles beeindruckten ihn so sehr, daß er anno 1865 eine Novelle darüber schrieb, der er den Titel „Lady Macbeth von Mzensk“ gab. („Mzensk“ ist dabei ein fiktiver Ort).
Zunächst war dieser Novelle keine Anerkennung beschieden. Doch ausgerechnet in der jungen Sowjetunion wurde das Werk verbreitet. Dies ist insofern bemerkenswert, weil die Werke Leskows ansonsten als reaktionär-konservativ galten. Nur diese eine Novelle wurde akzeptiert – vermutlich wegen ihres gesellschaftskritischen Charakters oder auch wegen ihrer ungeheuren Spannung.
Der Komponist Dmitrij Schostakowitsch (1906-1975) begeisterte sich für dieses Sujet und erstellte (mit Alexander Preis) das Libretto für die gleichnamige Oper. Sie wurde im Januar 1934 in Leningrad uraufgeführt und vom Publikum sehr positiv aufgenommen.
Zwei Jahre später, im Januar 1936, sah der Diktator Stalin diese Oper in Moskau. Bereits nach dem ersten Teil verließ er die Aufführung mit den Worten: „Das ist albernes Zeug, keine Musik“. Und die „Prawda“ setzte noch eins drauf, indem sie zwei Tage später einen vernichtenden Artikel mit der Überschrift „Chaos statt Musik“ veröffentlichte. Daraufhin zog Schostakowitsch seine Oper zurück.
In der Folge überarbeitete er sie und gab ihr den Namen „Katerina Ismailowa“. Diese Version wurde nach Stalins Tod (1953) anerkannt und verbreitet. Im Jahre 1965 kam sie unter dem Regisseur Joachim Herz (1924-2010) auch auf die Leipziger Opernbühne. Ja, und nun, knapp 60 Jahre später,am 25. Mai 2024, erlebte die Urfassung von „Lady Macbeth von Mzensk“ ihre Premiere in Leipzig.
Die Aufführung, die wir am 2. Juni erlebten, war in jeder Hinsicht bedeutsam. Der Erfolg beruhte vor allem auf den hervorragenden schauspielerischen und sängerischen Leistungen der Interpreten. Besonders die Hauptakteurin Katerina Ismailowa beeindruckte (in ihrer Leidenschaft und seelischen Zerrissenheit) durch ihre Gestaltung. Ein Kunsterlebnis, das noch lange nachklingen wird und für Opern-Fans sehr zu empfehlen ist.
Für Interessenten: Im Rahmen des geplanten Schostakowitsch-Festivals wird die Oper zweimal in Leipzig gegeben: am 25.5. und 29.5.2025 .
Eberhard Thieme