Er hatte Ärger mit „seinem“ Sender, auch weil der ihm immer mal ein Drehbuch zum Thema „Drittes Reich“ zurückgab, „das sei doch nicht mehr aktuell“ – jetzt drehte er im letzten Jahr „Führer und Verführer“ – der aktueller gar nicht mehr sein kann – der Regisseur Joachim Lang.
Es geht um das wohl bekannteste und auch berüchtigtste Gespann der deutschen Geschichte, es geht um Adolf Hitler und Joseph Göbels – und es geht um das Ehepaar Magda und Joseph Göbels, das „Vorzeige-Paar“ im deutschen Nazi-Reich.
Und der Film offenbart eine wirklich mühsame Recherche durch Dokumentarfilm-Aufnahmen dieser Zeit des sogenannten „1000-jährigen Reiches“, auch durch den Fundus von damals im Kino gezeigten Spiel- und Dokumentarfilmen – die meisten mit Filmbeispielen präsentierten Film-Produkte („Der ewige Jude“, „Jud Süß“ oder „Kolberg“) dürfen bis heute unkommentiert oder überhaupt nicht im Deutschen Fernsehen gezeigt werden. Faszinierend an „Führer und Verführer“ ist, dass ein frappierender Blick „hinter die Kulissen“ gelingt – nahtlos reihen sich an Dokumentarfilm-Szenen Spielfilmszenen an. Und, es bewahrheitet sich wieder einmal ein Satz des spanischen Avantgarde-Filmers Luis Bunuel, der einmal sagte: „Willst Du einen guten Dokumentarfilm machen, dann mach einen Spielfilm“.
„Führer und Verführer“ ist packendes Historienkino, die 135 Minuten Filmlänge merkt man nicht! Auch kann „Führer und Verführer“ aktueller wirklich nicht sein.
Denn dieser neue und einzigartige Kino-Film trägt sehr wirksam und berührend die Botschaft vor, dass jede Herabsetzung eines Menschen oder jede Attitude der Unmenschlichkeit zwangsläufig in einer Katastrohe endet.
Auch räumt der Film sehr überzeugend mit einem Verständnis für diese Nazi-Reich-Zeit auf – wer nach diesem Film noch ein „war nicht so schlimm“ murmelt, hat da nicht genau hingeschaut und auch nicht genau zugehört.
Nahezu unerträglich sind manche Dokumentarfilmaufnahmen – besonders die von den Nazis selbst gedrehten Aufnahmen von Hinrichtungen – die waren mir bisher nicht bekannt: Eine Bewertung zum Film von FSK 12 (ab 12 Jahre) halte ich auch deshalb für nicht berechtigt, einfach zu früh.
Kritisch sei angemerkt, dass die vielen Nebenfiguren oftmals zu schablonenhaft präsentiert werden. Das macht das anglo-amerikanische Kino wirklich besser.
Ansonsten ist „Führer und Verführer“ gutes deutsches Kino, dem man eine internationale Beachtung nur wünschen kann.
Thomas Bohne
Führer und Verführer
Produktion: Deutschland 2023
Regie: Joachim Lang
Mit: Robert Stadlober (Joseph Goebbels) · Franziska Weisz (Magda Goebbels) · Fritz Karl (Adolf Hitler)
Länge: 135 Minuten