Die Fotografin – über eine Frau, die immer woanders sein wollte und „überall“ war

Zweifellos: „Die Fotografin“ ist ein Frauenfilm, feministisch voll im Trend: viele „Männer“-Bereiche waren dieser Frau einst verwehrt, mit sieben Jahren wurde sie vergewaltigt, als junge Frau wurde sie Foto-Modell, war auch Mutter und trotzdem immer wieder unangepasst: Lee Miller, sie lebte von 1907 bis 1977.

Jetzt gilt sie als die wichtigste Fotografin im Zweiten Weltkrieg – von ihr stammen Bilder bei der Invasion der US-Armee in der Normandie, sie „schoss“ verstörende Bilder nach der Befreiung der KZ-Lager Dachau und Buchenwald und machte das damals weltberühmte Bild in „Hitlers Badewanne“, aufgenommen in der Privatwohnung Hitlers – Ort: die Münchner Prinzregentenstraße.

Als Kriegsfotografin ist Lee Miller allerdings erst nach ihrem Tod so richtig bekannt geworden – nachdem ihr Sohn Antony Penrose ihre Fotografien auf dem Dachboden fand und bekannt machte.

Der Kino-Film „Die Fotografin“ konzentriert sich nun auf ein Interview mit der „alten“ Lee Miller – dabei erzählt sie von sich bis zu ihrer Foto-Karriere in Kriegszeiten und kurz danach.

Bild: Die Fotografin, Filmbild

Und im Film dreht sich alles um die Hauptdarstellerin Kate Winslet, die ihrem journalistischen Gegenüber mit jedem Schluck Alkohol und jeder Zigarette immer mehr von ihren Geheimnissen anvertraut – dazu Fotografien und viele Rückblenden: aufwendig gefilmt in akkurat ausgestatteten Filmsets, bis zur historischen Silver-Zigaretten-Schachtel.

Ohne Kate Winslet wäre der Film sicherlich nur halb so gut geraten, die mit ihren bald 50 Jahren die junge Lee Miller überzeugend spielt und bei der „alten“ Lee Miller hat das Masken-Team „ganze“ Arbeit geleistet.

Zum Schluss wartet der Film noch mit einem Clou auf – wobei: langweilig wird‘s im Film eigentlich nie. Als Zuschauender tauche ich in dieses 20. Jahrhundert vor, im und nach dem Zweiten Weltkrieg auf der Nordhalbkugel dieser Welt wirklich ein.

Und: der Film macht betroffen – allerdings so richtig erst im letzten Filmdrittel. Dann zeigt die Regisseurin Ellen Kuras, dass sie am menschlichen Leid und letztlich an menschlichen Tragödien interessiert ist. Dass Kuras als Regisseurin vom Dokumentarfilm her kommt, merkt man gerade da.

Sicherlich, der ganz große Film ist „Die Fotografin“ nicht, aber großes Schauspiel- und Historienkino allemal – und gerade im Kino sollte man aber „Die Fotografin“ sehen.

Thomas Bohne

 

Die Fotografin
Original-Titel: Lee
Produktion: Großbritannien/USA 2023
Mit: Kate Winslet
Regie: Ellen Kuras
Länge: 116 Minuten
Kinostart: 19. September 2024

Bild: Die Fotografin, Film-Plakat