Ein sonniger Sonntagnachmittag lockt eher ins Freie. Trotzdem kamen an jenem 13. Februar etliche Menschen zur „Orgelstunde“ ins Leipziger Gewandhaus – nicht nur ergraute Häupter, sondern auch Jugendliche und sogar junge Familien.
Anlaß für diese besondere Stunde war das Gedenken an die Zerstörung Dresdens (vor 77 Jahren) sowie an den kürzlich verstorbenen Alt-Thomaskantor (und ehemaligen Gewandhauschor-Leiter) Georg-Christoph Biller.
Es erklangen Chorwerke von Rudolf Mauersberger und Günter Raphael, wie auch von Felix Mendelssohn-Bartholdy und Max Reger. Der Gewandhauschor unter Gregor Meyer, die Sopranistin Friederike Beykirch und der Gewandhausorganist Michael Schönheit bildeten dabei ein würdiges interpretatorisches Ganzes.
Da dieses Konzert im Rahmen der „Orgelstunde“ verlief, war es verständlich, daß auch ein paar reine Orgelwerke erklingen würden. Warum aber mußten es solche Tutti-Register-Werke sein, die den Organisten dazu verführten, virtuos zu brillieren, statt sich demütig zurückzunehmen? Kleinere meditative Orgelstücke wären für die Gedenkstunde m.E. angemessener gewesen.
Dennoch: Das Konzert besaß geistliche Qualität. Ja, fast bin ich geneigt, die Gedenkstunde als „Gottesdienst“ zu bezeichnen; denn zum Abschluß erklangen das Vaterunser und ein lutherischer Choral – beides in der Bearbeitung von Rudolf Mauersberger.
Offensichtlich spürte das Publikum die spirituelle Besonderheit dieser Stunde; denn es sparte sich den Applaus für das Ende auf. So entstanden zwischen den einzelnen Musikstücken stille Nachklänge im gefüllten Schweigen.
Wie wohltuend!
Eberhard Thieme