Green Border – ein emotionales Flüchtlingsdrama, dass man nicht ignorieren kann

Flüchtlinge nehmen das Angebot des Diktators Lukaschenko an und fliegen nach Belarus, um über die „grüne Grenze“ nach Polen und damit als Flüchtlinge in die Europäische Union zu kommen.

Dann sieht man einen älteren Herrn, der als Moslem seinen Teppich auspackt und einen anderen (auch Moslem) fragt, warum er nicht mitbetet – der ist aber damit beschäftigt, mit seinem iPhone den richtigen Weg zu finden. Später hat man den Eindruck, dass der alte Mann von Grenzschützern getötet wird.

Bild: Green Border – Flüchtende an der Grenze

Ein anderer Flüchtender ertrinkt in den Sümpfen an der Grenze, eine Schwangere wird von Grenzsoldaten über den Zaun auf die andere Seite der Grenze geworfen. – Aushöhlung der Menschenrechte und deren Missachtung, das ist kurz zu diesen Vorgängen an der belarussisch-polnischen Grenze zu sagen.

Und die polnische Filmemacherin Agnieszka Holland macht mehr wie einmal deutlich, dass sie sich als Polin und demokratisch gesinnte Europäerin angesichts dieser Vorgänge schämt.

Sie tut das mit ihren Möglichkeiten als Filmemacherin: durchweg ist „Green Border“ in Schwarz-Weiß gedreht und ein polnischer Grenzsoldat wird wohl zur polnischen Identifikationsfigur, sicherlich auch zur europäischen – anfangs „macht er mit“, dann hilft er und schämt sich.

Bild: Green Border-Aktive wird festgenommen

„Green Border“ hat in Polen einen Run auf die Kinos ausgelöst, viele dort wollten den Film sehen. Die PiS-Partei, damals noch Regierungspartei, hat ein wahres „Kesseltreiben“ gegen die Regisseurin in Gang gesetzt – es sollte sogar eine „Gegendarstellung“ in den Kinos gezeigt werden, „Wir schützen unsere Grenze“, war die Kernbotschaft. Viele Kinos lehnten das ab. Agnieszka Holland musste sich sogar Personenschützer nehmen, weil sie um Leib und Leben in ihrem Heimatland durch die Vorgänge um ihren Film fürchtete.

So muss aber Film-Kunst sein: kämpferisch, emotional, entlarvend und auslösend für Diskussion, aber kein Racheobjekt.

Im Epilog versucht Agnieszka Holland nochmals mit ihren Landsleuten ins Gespräch zu kommen. Nach dem Motto: Ihr habt doch zwei Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine aufgenommen, wart da vorbildlich, warum bei Menschen aus anderen Kulturen nicht?

Ja, „Green Border“, diesen Flüchtlings-Parcours, den sollte man im Kino ansehen – doch danach kommen Sie nicht als diejenigen wieder heraus als die Sie da reingegangen sind – versprochen!

Thomas Bohne
Mitglied der Katholischen Filmkommission

 

Green Border (Zielona Granica)
Polen, Tschechien, Belgien 2023
von Agnieszka Holland
147 Minuten
ab 1.02. 2024
– Kinotipp der Katholischen Filmkritik –

Bild: Green Border – Kinotipp