Sing Sing – Insassen-Therapie auf der großen Kinoleinwand

Das muss man wissen: „Sing Sing“ ist kein Gefängnisfilm nach der Art: „der arme Gefangene“ oder „unschuldig hinter Gittern“ oder „Schau dir doch Deine Opfer an“.

Das alles ist „Sing Sing“ des US-amerikanischen Regisseurs Greg Kwedar nicht.

Eher ist sein Film ein Therapie-Film, wenn ich das mal so ausdrücken darf.

Oh je, werden vielleicht einige sagen. Klar, wer will schon Therapie auf der Leinwand erleben, dafür vielleicht sogar Geld bezahlen oder gelangweilt sich im Kinosessel herumwälzen.

Aber das alles geschieht bei „Sing Sing“ nicht.

Bei der erwähnten „Therapie“ geht es um das Theater. Es geht um Häftlinge des Gefängnisses Sing Sing, die unter Anleitung eines Regisseurs von „außen“ in selbst entwickelte Theaterrollen hineinschlüpfen und ihre Inhaftierten-Geschichte dabei aufarbeiten.

Das geschieht nicht ohne Reibung. Das geschieht auch mit dem Wunsch, dadurch vielleicht eher „aus dem Knast“ herauszukommen.

Filmbild: SING SING

Und der Regisseur lässt bei seinem Film keinen Zweifel daran, dass es sich bei den Gefangenen in seinem Film wirklich um Verbrecher handelt.

Das macht seinen Film auch sehr authentisch, zumal Kwedar echte Gefangene mitspielen lässt – „himself“ kann man dann bei einigen Namen im Abspann lesen.

„Sing Sing“ ist mit Handkamera gefilmt und mit einer wirklich anregenden Filmmusik unterlegt – und so wurden die Filmmusik von Bryce Dessner für den diesjährigen Oscar 2025 in der Sparte „Beste Filmmusik“ und „Like a Bird“ (Song zum Abspann des Films) in der Kategorie „Bester Song“ nominiert.

Denn gerade durch die Musik bekommt der Film Spannung, wird zum Erlebnis. Ansonsten kommt „Sing Sing“ eher recht unaufgeregt daher – allerdings langweilig wird’s in den reichlich 100 Minuten nie.

Bemerkenswert ist noch, dass ich beim Zuschauen kaum Gefängnisgitter zu Gesicht bekam, obwohl der Film fast ausnahmslos im Gefängnis spielt.

Ich sehe also den großen Saal in der sich die Theaterproben abspielen, schaue in den Stuhlkreis der Gefangenen mit dem Regisseur hinein, bin bei einigen Mahlzeiten im Gefängnis dabei und bin in den Zellen einzelner Gefangener „zu Gast“.

Immer wieder werde ich aber durch die Dialoge daran erinnert, dass das alles keine „Wohlfühlveranstaltung“ ist, sondern harte Arbeit mit und an den Betroffenen selbst.

Man könnte zu dem Film auch sagen: „Seien Sie herzlich nach Sing Sing eingeladen“, „Seien Sie bei Theaterproben der besonderen Art dabei und erleben Sie so manches Wandlungsdrama“ und „Lassen Sie sich belehren, dass auch Verbrecher Menschen sind“.

Also, Kino der besonderen Art.

Thomas Bohne

 

Sing Sing
Produktion: USA 2023
Regie: Greg Kwedar
Länge: 107 Minuten
Kinostart: 27. Februar 2025

Plakat: SING SING