Rückblick zum Mahler-Festival in Leipzig: Die 2. und die 8. Sinfonie

Das Gewandhausorchester umrahmte während des diesjährigen „Mahler-Festivals“ den Reigen aller Sinfonien von Gustav Mahler. Unter der Leitung seines Chefdirigenten Andris Nelsons spielte es zu Beginn die 2. Sinfonie (die sogenannte „Auferstehungs-Sinfonie“) und zum Abschluß die 8. Sinfonie (die sogenannte „Sinfonie der Tausend“).

 

Bild: Werbung – Mahler-Festival

Daß die „Auferstehungs-Sinfonie“ gerade am 18. Mai gespielt wurde, halte ich für eine gute Fügung: In diesem Jahr fiel nämlich der Todestag Gustav Mahlers (18.5.1911) auf das Fest „Christi Himmelfahrt“.

Auch daß die 8. Sinfonie zum Pfingstfest erklang, scheint mir kein Zufall zu sein: Den ersten Teil jener riesigen Sinfonie-Kantate bildet der Pfingsthymnus des Hrabanus Maurus (780-856) „Veni creator spiritus“ („Komm Schöpfer Geist“).

So erstreckte sich der Mahler-Zyklus genau auf die zehn österlichen Tage zwischen Christi Himmelfahrt und Pfingsten.

Mithin also ein christliches Ereignis?

Leider nein. Denn es muß einschränkend gesagt werden, daß die Texte, die Mahler kunstvoll verarbeitet, nicht als christliche Verkündigung durchgehen können.

Der Auferstehungs-Hymnus in der 2. Sinfonie, geschrieben vom Aufklärer Friedrich Gottlieb Klopstock (1724-1803), hat nicht das Geheimnis von „Tod und Auferstehung Jesu Christi“ vor Augen, sondern ist eher eine Art „humanistisches Nachdenken“ über das Lebensende.

Und in der 8. Sinfonie kombiniert Mahler den Pfingsthymnus des Hrabanus Maurus mit den Schlußworten aus Goethes „Faust“, so daß mit dem „creator spiritus“ nicht mehr der „Heilige Geist“, sondern der „Geist des schaffenden Künstlers“ ersehnt wird.

Ist das aber so schlimm?

Keineswegs. Denn die spirituelle Tiefe beider Sinfonien bleibt von solchen theologischen Überlegungen unberührt. Wer sich dieser großartigen Musik aussetzt, bekommt ein Gespür für die Dinge, die unsere Welt überschreiten.

Auch wir Christen sollten über unseren liturgischen Tellerrand schauen und dankbar sein für Genien wie Gustav Mahler, die uns – außerhalb von Kirche – etwas über das göttliche Licht erzählen können.

Beide Sinfonien stellen höchste Anforderungen an alle Mitwirkenden (Solisten, Chor, Orchester), so daß sie nur selten aufgeführt werden.

Wohl dem, der die Chance des diesjährigen „Mahler-Festivals“ nutzen konnte.

Eberhard Thieme