Der Mann, der seine Haut verkaufte

Was für ein Film? Es geht um einen Menschen, und dann kommt irgendwann mal ein Satz: „Stürbe er an einer Explosion, wäre das gar nicht gut für die Versicherung“, menschenverachtender kann man es nicht mehr ausdrücken. Hören und mitzuerleben ist das in der internationalen Koproduktion „Der Mann, der seine Haut verkaufte“ aus dem Jahre 2020 – in diesem Frühjahr ist der deutsche Kinostart geplant. Es geht nun um den jungen Syrer Sam Ali, der in den Libanon flüchtet um der Verfolgung in seiner Heimat zu entkommen. In Europa trifft er einen berühmten Künstler, der seine Haut als Projektionsfläche seiner Millionen teuren  Kunst benutzen will. Dafür öffnet er dem Geflüchteten eine Welt voll Luxus und Annehmlichkeiten. 

Das alles wird sehr rasch im Film erzählt und dann mischt sich eine tragische Liebesgeschichte dazwischen – und immer wieder geht es um dieses Syrien, das für Sam Ali noch Heimat und Sehnsuchts-Ort ist.

Mit kunstvollen Scope-Bildern und viel Ruhe erzählt Regisseur Kaouther Ben Hania seine wendungsreiche Geschichte.  Aber dabei geht’s ihm nicht so sehr um Dramatik, sondern um die Darstellung und Umsetzung dieser der Geschichte innewohnende Absurdität: Lachend, im weißen Künstler-Anzug, wird dann mit Blick auf die kunstvoll gestaltete Haut des Syrers davon gesprochen, dass dieses Kunstwerk die „Unterschrift des Teufels“ trägt.

Was ist das für eine Welt, in welcher es für eine Ware oder ein Kunstwerk leichter ist als für einen Flüchtling! Ja, eine Ware oder ein Kunstwerk wird als viel wertvoller angesehen  als das Leben eines so geschundenen Menschen! 

Immer wieder frage ich mich als Zuschauer, hier im Wohlstands-Europa, ob wir nicht schon längst Teil dieses Denkens und Handelns geworden sind?

Neben vielen meditativen und kunstvollen Filmbildern spielt nun in diesem Kunst-Film die extravagante Musik von Amine Bouhafa eine große Rolle. Von amerikanischen Bombast ist diese Filmmusik weit entfernt, immer wieder kommentierend und originell begleitet sie die Handlung. Sicherlich, ein Hollywood-Produkt ist das nicht, wen auch der Film für den Oscar als bester fremdsprachiger Film im Film-Jahr 2020 nominiert wurde.

Fast könnte man „Der Mann, der seine Haut Verkaufte“ eine bittere Parodie auf das amerikanisch-europäische Kunst-Geschäft nennen, wenn da nicht dieser so ernste Hintergrund wäre: Einerseits das unbeschreibliche Leid in diesem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land und dann die menschenverachtende Ignoranz der Kunst-Sach-Verständigen. Und trotz aller Tragik: „Der Mann, der seine Haut Verkaufte“ vermittelt Hoffnung und Transzendenz. Wir sollten uns darauf einlassen.

 

Thomas Bohne 

Mitglied der Katholischen Filmkommission

 

Der Mann, der seine Haut verkaufte

Tunesien, Frankreich, Deutschland, Belgien, Schweden 2020

Länge: 108 Minuten

Regie: Kaouther Ben Hania

Kinostart: 24. Februar 2022 

KATHOLISCHER FILMTIPP