Eindrücke von der Berlinale 2022

Die Berlinale 2022 hat wieder als Präsenzveranstaltung im Februar stattgefunden, allerdings unter strengen Corona-Auflagen: 2G Plus, jeder zweite Platz unbesetzt, Ticketkauf nur elektronisch (sehr kompliziert dabei: nur als DIN A4-Ausdruck in Papierform gültig) und Preisverleihung nach einer Woche – allerdings laufen die Festivalfilme noch bis zum Wochenende nach der Preisvergabe.

Was passierte bei der Berlinale? Viele Filme hatten Frauenthemen oder waren von Frauen gedreht. Wahllos hatte ich mir Karten besorgt und fast ausnahmslos spielten Frauenthemen eine Rolle:

Am Sonntagabend im Berlinale-Palast: CALL JANE – eine Frau organisiert eine Abtreibungs-Gesellschaft in den USA. Alles mit schwungvoller Musik und humorvoll präsentiert. Berührend dabei die humanitäre Botschaft. Kulturstaatsministerin Claudia Roth, Schirmherrin des Festivals, war bei diesem Screening mit dabei.

Am Montagvormittag schaute ich DER PASSFÄLSCHER. Die Regisseurin Maggie Peren hat einen überlebenden jüdischen Mann in der Schweiz kontaktiert und seine unglaubliche Geschichte sehr kinotauglich verfilmt.

Montagmittag folgte dann BUBBLE. Ein japanischer Animationsfilm mit einer weiblichen Hauptfigur – mystisch und letztlich sehr spirituell.

Dienstagvormittag sah ich MOJA VESNA von Sara Kern. Eine Familientragödie, sehr berührend aus der Sicht eines 11-jährigen Mädchens erzählt.

Am Mittwoch habe ich dann den ganzen Tag im Friedrichstadtpalast Filme geschaut: Los ging es mit A PROPOS DE JOAN – hier spielt Isabelle Hubert eine Frau, die eine familiäre Tragödie verarbeiten muss.

Am Nachmittag lief UN ETE COMMA CA. Dieser Film erzählt von Frauen, die eine Sexualtherapie machen – zum Schluss wird der Film dann erstaunlich moralisch und hinterfragt sogar die Einstellung der Hauptfiguren.

Und schließlich konnte ich den Gewinner der ökumenischen Jury sehen: UN ANO, UNA NOCHE – über den Terroranschlag im November 2015 in Frankreich auf eine Vergnügungsstätte, mit schrecklichen Vorgängen. Letztlich ist eine junge Frau im Blick, die tief traumatisiert alles zu verarbeiten sucht.

In der Preisbegründung der Ökumenischen Jury heißt es:
„Der innere Kampf des tragenden Charakters in einem Leben mit dem Tod – Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern des Lebens – ist so intim und intensiv, dass jener erst nach Monaten realisiert werden kann.“ (aus der Begründung der Ökumenischen Jury bei der Berlinale 2022)

Alles in allem: die Berlinale 2022 war für mich eine vielfältige Entdeckungsreise. Ich wünsche allen Filmen, die ich sehen konnte, dass sie auch den Weg ins Kino finden. Das würde sich lohnen.

 

Thomas Bohne CO