Man erkennt sie nicht gleich, Helen Mirren. Wenn die Kamera die Augen einer sehr alten Frau zeigt – erst in schwarz-weiß, dann wird`s bunt.
Es geht um die israelitische Ministerpräsidentin Golda Meir, bisher die einzige Frau in diesem Amt – genannt wurde sie auch, ähnlich wie seiner Zeit Margaret Fletcher, die „eiserne Lady“. Meir musste damals schwere Entscheidungen treffen und sie hatte nur Männer um sich, die teilweise große Fehler gemacht haben – was der Film „Golda“ nicht verschweigt.
„Golda“ ist nun das Werk des israelischen Filmregisseurs Guy Nattiv und feierte am 20. Februar 2023 bei den Internationalen Filmfestspielen in Berlin im Rahmen der Sektion „Berlinale Special Gala“ seine Weltpremiere. Nun kommt er mit einem reichlichen Jahr Verspätung in die deutschen Kinos.
Der Film konzentriert sich auf den Jom-Kippur-Krieg im Jahre 1973 als ägyptische und syrische Truppen vollkommen überraschend am 6. Oktober 1973 Israel angriffen.
„Golda“ ist ein Spielfilm, gemixt mit historischem Material, vieles spielt sich in Büros und Golda Meirs Privatzimmern ab.
Und immer wieder läuft diese wenig attraktiv gekleidete Frau von Mitte 70 mit ihrer altmodischen Handtasche an den Leichen in einer Kühlkammer vorbei, um sich in einem Hinterzimmer untersuchen zu lassen – und selbst auf dem Untersuchungstisch raucht sie. Es ist aber keine „heiße Luft“, die von dieser Frau ausgeht – sondern kühle, wohl durchdachte Entscheidungen. Das macht „Golda“ immer wieder deutlich.
Ich hatte als Zuschauer immer wieder den Eindruck, dass Politik doch recht „privat“ daherkommt. Einmal in Golda Meirs Küche bei einem höchst entscheidenden Gespräch mit dem US-Außenminister Henry Kissinger (Liev Schreiber) mit einer einfachen Suppe oder bei Gesprächen mit Golda Meirs Assistentin (Camille Cottin) in Privaträumen.
Die Bilder sind brauntönig und manchmal schwarz-weiß, alles „riecht“ irgendwie nach Arbeitsatmosphäre, und der ganze Film wirkt wie ein großes politisches Kammerspiel. Trotzdem sollte man sich diesen höchst brisanten, politischen und eher kleinen Film im Kino antun, eintauchen in eine Zeit vor 50 Jahren, die erschreckend aktuell scheint.
Thomas Bohne
Mitglied der Katholischen Filmkommission
Golda
Produktionsland: Großbritannien
Produktionsjahr: 2023
Regie: Guy Nattiv
Mit: Helen Mirren
Kinostart: 30. Mai 2024