Katholischer Kinotipp – In Liebe, Eure Hilde – ganz persönlich und aktuell

Wir kennen in Leipzig den Coppi-Platz und im „Osten“ erinnert man sich noch an den aufwendigen DEFA-Film KLK an PTX – Die rote Kapelle vor über 50 Jahren (damals sogar im überdimensionalen 70-mm-Format) gedreht.

Jetzt nun die Fokussierung auf Hilde Coppi, diesmal in der Regie von Andreas Dresen mit „Alles Liebe, liebe Hilde“, dem sicherlich die sozialistisch-sowjetische Sicht von damals gut bekannt war.

Es geht wieder um diese Widerstandsgruppe von meist jungen Leuten, die im Sommer 42 durch Funk mit „Moskau“ Kontakt aufnehmen wollten und bereits im Herbst durch die NS-Gestapo verhaftet und wenig später fast alle hingerichtet wurden. Am spätesten Hilde Coppi – wohl mit „Rücksicht“ auf ihren Zustand als noch stillende Mutter. Ihr damals bereits im Gefängnis geborener Sohn Hans Coppi jr. ist ganz am Ende des Films auch als über 80-jähriger im „Off“ zu hören.

Bild: Hilde Coppi (Liv Lisa Fries) – Filmbild

Die Hauptfigur jetzt ist Hilde Coppi (Liv Lisa Fries) ihr Schicksal und Weg als anfangs ahnungslose und später höchst couragierte Frau interessiert Andreas Dresen besonders. Dabei zeigt er eine moderne Frau und möglicherweise auch eine aktuelle Identifikationsfigur: Hilde Coppi ohne religiös/kirchliche Bindung, verliebt und selbst unter Haftbedingungen sozial und mitmenschlich engagiert.

Bemerkenswert an diesem neuen Dresen-Film sind auch die Nebenfiguren. Namentlich setzt der Regisseur dem damaligen evangelischen Gefängnisseelsorger Harald Poelchau (Alexander Scheer) quasi ein virtuelles Denkmal. Was da gesprochen und getan wird überzeugt und zeugt auch von moderner Glaubens-Verkündigung – gerade mit Blick auf nicht-religiöse Menschen oder Menschen ohne kirchliche Zugehörigkeit. Übrigens: die Figur des Pfarrers Poelchau kommt im alten DDR-Film nicht vor.

„Alles Liebe, Eure Hilde“ arbeitet auffällig mit Gegensätzen: einmal die fast idyllische Lebenswelt der jungen Leute an einem Berliner See und dann die bedrohliche und karge Lebenswelt der Inhaftierten. In einem Fall mit warmen Pastelltönen, im anderen fast farblos gefilmt. Auffällig bei diesem Dresen-Film die „grobkörnige“ Bildgestaltung, ganz im Gegensatz zu den Hochglanz-Bildern des DEFA-Vorgängers.

Und dann bleibt Dresen ganz nah an seiner Hauptfigur dran, zeigt wie sie kurz vor ihrer Hinrichtung quasi in den Himmel und suchend ins Sonnenlicht schaut.

Im Unterschied zu manch anderem ähnlichen Film wird hier die Hinrichtung fast minutiös und nahezu an der Grenze zum Erträglichen gezeigt. Aber trotzdem ist dieser „Alles Liebe, Eure Hilde“ von Voyeurismus und Effekthascherei weit entfernt – auch wenn Sexualität und der Geburtsvorgang beim „kleinen Hans“ fast naturalistisch gezeigt werden – etwas „weniger“ wäre vielleicht besser gewesen.

Aber: Andreas Dresens Hilde-Coppi-Film ist herausragendes Historienkino und gerade in der aktuellen gesellschaftlichen Diskussion höchst wichtig und passend.

Thomas Bohne

 

IN LIEBE, EURE HILDE
Produktion: Deutschland 2024 Regie: Andreas Dresen
Mit: Liv Lisa Fries (Hilde Coppi), Alexander Scheer (Pfarrer Harald Poelchau) Laufzeit: 125 Min
Kinostart: 17. Oktober 2024
Kinotipp der Katholischen Filmkritik

 

Bild: In Liebe, Eure Hilde – Katholischer Kinotipp