Die kürzlich zu Ende gegangene Konzert-Saison im Leipziger Gewandhaus bot viele Höhepunkte – allen voran das ehrgeizige und gut gelungene Schostakowitsch-Festival.
Ich möchte nun aber über ein „Großes Konzert“ sprechen, welches am 24./25. April stattfand und von dem tschechischen Dirigent Peter Popelka geleitet wurde. Es fiel deshalb aus dem Rahmen des Üblichen, weil an jenen Abenden zwei Werke erklangen, die noch nie vom Gewandhausorchester gespielt wurden.
Zum einen war dies der etwa 10minütige „Eklat für 15 Instrumente“ des französischen Dirigenten und Komponisten Pierre Boulez (1925-2016), und zum anderen die knapp einstündige Ballett-Suite „Der holzgeschnitzte Prinz“ des ungarischen Komponisten Béla Bartók (1881-1945).
Zu diesen beiden Werken fand ich leider keinen Zugang. Um den „Eklat“ von Boulez zu verstehen, hätte ich mich mit der seriellen Musik des vorigen Jahrhunderts vertraut machen müssen. Und das „Tanzspiel“ von Bartók enthielt zwar viele schöne Melodien (entnommen den ungarisch-rumänischen Volkstänzen); doch auf Grund der komprimierten Gestaltung der Themen erschien mir die Suite zu lang.

Zwischen den beiden Stücken erklang – als Glanzpunkt des Abends – das 2. Klavierkonzert von Maurice Ravel (1875-1937). Es war schon des öfteren im Gewandhaus zu hören und ist mir allein von daher sehr vertraut.
Dieses Konzert gehört zu den Spätwerken Ravels und zeichnet sich durch seine Gegensätze aus. Im ersten und im dritten Satz verarbeitet Ravel die neuen Musikstile, die er auf seinen Reisen in die USA kennengelernt hatte. Manches erinnert vom Klang her an seinen „Boléro“, mitunter geht es sogar in den Jazz über. Und zwischen den beiden virtuosen Sätzen steht ein meditatives Adagio, welches durch Schönheit und Innigkeit besticht. Die Grundmelodie ist von einem Mozart-Klavierkonzert beeinflußt. Sie wird über einige Minuten lang solistisch bearbeitet, ehe sie dann vom Englischhorn aufgenommen und schließlich vom ganzen Orchester im Dialog mit dem Klavier fortgesetzt wird.
Am 24./25. April übernahm der französische Pianist Pierre-Laurent Aimard den solistischen Part. Die beiden Ecksätze gestaltete er überaus furios, was mich sehr begeisterte. Beim Adagio hingegen hätte ich mir von ihm mehr Empathie gewünscht.
Ein besonderes Lob gilt dem Dirigenten Peter Popelka. In seiner unaufgeregten, zurückhaltenden und dabei sehr klar die Einsätze schlagenden Art hat er dafür gesorgt, dass die unterschiedlichen Stücke zu einem wirklich außergewöhnlichen Konzert führten.
Eberhard Thieme