„Mittagsstunde“

Ein Kieler Uni-Dozent nimmt sich eine Auszeit und kehrt in sein Heimatdorf in Nordfriesland zurück, das sich seit seiner Kindheit drastisch verändert hat. Beim Versuch, seinen fast 90-jährigen Großeltern zu helfen, wird er zunächst zurückgewiesen, stößt dann aber auf Geheimnisse, die die Familien- und Dorfgeschichte in neuem Licht erscheinen lassen. Die Romanadaption erzählt auf mehreren Zeitebenen vom Verschwinden der dörflichen Struktur und würdigt zugleich unaufgeregt und anrührend die wortkarge Loyalität der Figuren. (Katholische Filmkommission)

Bild: Katholische Kinotipp – Mittagsstunde

Mittagsstunde ist ein „unaufgeregter“ eher meditativer Film. Es gehört aus meiner Sicht Mut und Können dazu einen Kino-Film mit so wenigen Ereignissen und Vorkommnissen zu drehen und umzusetzen. Vermutlich ist die literarische Vorlage von Dörte Hansen „schärfer“, aber das spricht ja eher für den Film, wenn er die Ent-Dramatisierung wagt. Und das scheint wirklich gelungen. Einmal durch ein überzeugendes Drehbuch von Catharina Junk, das den Spannungsbogen hält und in der Aussage gipfelt: „In unserer Familie gibt es eben ein ganz schönes Kuddelmuddel“ – da steckt so viel drin, auch eine ganze Portion Heiterkeit, die der Film immer wieder zeigt – nicht zuletzt in der genial gebauten Familienfoto-Szene fast am Schluss.

 

Auch schauspielerisch ist der Film bemerkenswert, hervorzuheben natürlich Charly Hübner als Ingwer Feddersen (2012) und Gabriela Maria Schmeide als Ella Feddersen (1965-1976) – gerade diese Darstellung scheint mir durch ihren Minimalismus und die kleinen Gesten preisverdächtig.

Überhaupt ist die große Leistung in MITTAGSSTUNDE die minimale aber doch sehr genaue Machart in vielen Facetten. Einmal die fehlenden großen Ereignisse, aber auch die unscheinbaren Sets (die aber sehr genau und akribisch gestaltet sind-weit über eine übliche Fernsehfilm-Ästhetik hinausgehend) und die Bild-Ästhetik überhaupt: satte Farben, aber fast immer trübes Wetter. Da steckt viel Arbeit und Handwerk dahinter. MITTAGSSTUNDE scheint mir rundum gelungen.

Thomas Bohne CO,
Mitglied der Katholischen Filmkommission

 

Mittagsstunde, Deutschland 2022, nach dem gleichnamigen Roman von Dörte Hansen (Spiegel-Bestseller), Regie: Lars Jessen, mit Charly Hübner und Gabriela Maria Schmeide
„Mittagsstunde“ startet ab dem 22. September in den deutschen Kinos
Empfehlung: Kinotipp der Katholischen Filmkritik