100 Jahre MDR – Festkonzert mit „Klassischer Moderne“

Bild: Programmheft

Am 1. März 2024 beging der mitteldeutsche Rundfunk (und damit zugleich das Sinfonieorchester des MDR) seinen 100. Geburtstag. Dies war Anlaß für eine Reihe festlicher Konzerte im Leipziger Gewandhaus.

Das Sinfoniekonzert am Sonntag, 3. März, stand unter der Überschrift „Klassische Moderne“, was auf ein spannendes Programm hoffen ließ. Tatsächlich bot das Konzert Neues und Überraschendes, was nicht bei allen auf Zustimmung stieß…

Bei dem Programm vor der Pause hatte auch ich (als Anhänger moderner Klassik) meine Fragen.

Arnold Schönberg (1874-1951) schrieb seine 1. Kammersinfonie op. 9 ursprünglich für 15 Instrumente; erst später erweiterte er sein Stück auf ein großes Orchester. Warum hörten wir – statt jener transparenten Urfassung – diese monumentale Orchesterfassung? Die lauten und teilweise schrillen Klänge könnten diejenigen, die mit klassischer Moderne nicht vertraut waren, unnötig verstört haben.

Und: Was suchte Beethovens 3. Klavierkonzert unter den modernen Werken? Weil der Abend auch unter dem Titel „Zauber der Musik“ lief? Oder weil der geniale Pianist Fazil Say sein Spiel mit modernen Rhythmen anreicherte?

Bild: Beteiligte

Wie auch immer: Angesichts der langanhaltenden Ovationen für den Solisten hatte ich den Eindruck, daß viele Zuhörer gerade wegen dieses Klavierkonzertes gekommen waren.

Nach der Pause hatte ich keine Fragen mehr: Die 4. Sinfonie des amerikanischen Komponisten Charles Ives (1874-1954), in jungen Jahren geschrieben und erst 50 Jahre später (1965 in New York) posthum uraufgeführt, bot die Fülle musikalischer Collagetechnik.

Dieses halbstündige Werk bedeutete für Orchester und Chor eine riesige Herausforderung, der sie sich unter Leitung von Dennis Russell Davies (und drei weiteren Co-Dirigenten) bravourös stellten. Ein gigantomanisches Opus, das bei den einen Begeisterung, bei anderen möglicherweise Kopfschütteln ausgelöst hat.

Ein großes, gewaltiges Konzert also. Es zeigte deutlich, daß das MDR-Ensemble dem Gewandhausorchester durchaus ebenbürtig ist. Noch mehr aber erfreut mich die Tatsache, daß sich beim Sinfonie-Orchester des MDR die Tradition erhalten hat, die Konzerte mit noch unbekannten modernen Stücken zu bereichern.

Eberhard Thieme