Gewandhaus – Kammerkonzert mit einem anspruchsvollen Programm und einer versöhnlichen Zugabe

Im Rahmen der Konzert-Serie „Quartett-Gesellschaft“ gab das „Eliot-Quartett“ am Abend des 19. November seinen Einstand mit einem vielseitigen Programm im Mendelssohn-Saal des Leipziger Gewandhauses.

Dieses Ensemble, benannt nach dem amerikanischen Schriftsteller T.S.Eliot, wurde erst anno 2014 gegründet und hat dennoch schon viele internationale Preise erworben. Die Erwartung am Sonntagabend war daher entsprechend hoch.

Bild: aus dem Programmheft „Quartettgesellschaft – Eliot Quartett“

Von den drei Werken bildete das 3. Streichquartett von Dmitrij Schostakowitsch, dargeboten nach der Pause, den absoluten Höhepunkt. Entstanden im Jahre 1946, verarbeitete Schostakowitsch darin sowohl seine Kriegserfahrungen als auch seine Ängste hinsichtlich neuerlicher Repressionen Stalins (die auch nicht lange auf sich warten ließen).

Angesichts solch hochgradig-existentieller Musik mussten die beiden Werke vor der Pause in deren Schatten stehen. Doch wäre es ungerecht, sie unerwähnt zu lassen; denn sowohl das Streichquartett von Fanny Hensel als auch „The Four Quarters“ des derzeitigen Gewandhaus-Komponisten Thomas Adés enthielten aufregende und beeindruckende Stellen.

Fanny Hensel hatte es als komponierende Frau nicht leicht in der Familie der Mendelssohns. Ihr Streichquartett in Es-Dur (1835) wurde von ihrem Bruder Felix wegen der ungewöhnlichen Form kritisiert und blieb möglicherweise daher ihr einziges. Tatsächlich enthalten diese vier Sätze bestimmte Wendungen, die weit über den romantischen Stil hinausweisen.

Thomas Adés, als zeitgenössischer Komponist gleichermaßen gelobt wie umstritten, konnte (zumindest bei mir) mit seinen musikalischen Bildern punkten. In diesem Streichquartett (von 2010) schildert er bestimmte Tageszeiten in berührender Weise.

Alles in allem also ein großartiges Kammerkonzert. Kein Wunder, daß die langanhaltenden Ovationen nach einer Zugabe schrien, die dann auch wirklich kam.

Warum aber musste es nach dem Opus von Schostakowitsch ein so langer Satz aus einem Haydn-Quartett sein? Wollten die Musiker zeigen, dass sie sich nicht nur in der Moderne, sondern auch in der frühen Streichquartett-Klassik auskennen??

Auch für Joseph Haydn gab es kräftigen Beifall. Vielleicht war ich wirklich der Einzige, der nach den harschen Klängen Schostakowitschs jenes klassische „Trost-Bonbon“ als unangemessen empfand.

Eberhard Thieme