Gloria war der „Unterhaltungs-Tupfer“ bei der diesjährigen Berlinale.
Handlungsort ist eine venezianische klosterähnliche Musikschule am Beginn des 19. Jahrhunderts, wo gesellschaftlich chancenlose Mädchen quasi verwahrt werden. Unter Leitung eines Maestros, der nicht nur musikalisch eine Null ist, sollen sie in der Kapelle vor Ort alle ein Konzert geben.
Doch der Konzert-Plan, sogar in Gegenwart eines neugewählten Papstes, kippt – und dann wird’s poppig und nicht nur musikalisch unterhaltsam.
Gloria ist ein bunter venezianischer Bilderreigen, angesiedelt in genau ausgestatteten Filmsets. Manchmal möchte man sogar den Film anhalten, um diese Bilder mit leichten Pastelltönen genießen zu können – Bilder, wie aus einer Galerie.
Die Handlung ist konventionell angelegt: Unterdrückte Mädchen schaffen einen Weg nach oben. Nebenbei gibt’s da auch noch eine Entwicklung untereinander bis da Solidarität und gemeinsames Handeln wirklich möglich werden.
Alles wird über die 100 Filmminuten spannend und gut anschaubar präsentiert. Und dann erfahre ich als Zuschauer auch so manches über die bürgerliche Welt vor 200 Jahren. Und: Seitenhiebe auf die katholische Kirche mit ihrer Männerdominanz gibt’s auch – das gilt ja bis heute.
„Gloria“ ist der erste Film der italienischen Pop-Sängerin Margherita Vicario. Sonst füllt sie Konzertsäle mit ihren Songs, jetzt gab‘s für ihren Film „Gloria“ Standing-Ovations bei der Uraufführung. Vicario zeigt mit ihrer ersten Regie-Arbeit Gespür für Timing und für musikalische Effekte – oft reißt das wirklich mit. Wen kümmert‘s, dass die Musik sogar nicht in die frühbürgerliche Kulisse passt. Da klingt‘s nach Reggae und Jazz, modern rhythmisch wird der Musik-Score oft untersetzt.
Letztlich geht’s bei diesem Film ja um eine Utopie und die Frage: Was wäre, wenn die Frauen damals vor über 200 Jahren ihre Talente hätten wirklich entfalten können? Und, diese kritische Frage-Stellung kommt durchaus an. Den großen Protest vermittelt „Gloria“ von Margherita Vicario allerdings nicht – gute Unterhaltung und einen Wohlfühl-Abend im Kino verspricht der Film aber allemal.
Thomas Bohne
Gloria
Regie: Margherita Vicario
Produktion: Italien/Schweiz 2024
Länge: 100 Minuten
Kinostart: 29.08.2024